Zertifikats-Lehrgang „Choreografieren mit Schüler/Innen“
Weiterbildung im Bereich Zeitgenössischer Tanz und Choreografie
Zusatzqualifikation für die Bereiche DSP, Sport, Musik, Kunst
Zeitgenössischer Tanz und Choreografie sind in schulischen Bildungskontexten erfolgreich einsetzbar, da sie Kompetenzen nicht nur rein kognitiv sondern taktil, sensorisch und motorisch in verkörperten Interaktionsprozessen fördern. Sie unterstützen die Wahrnehmung, Deutung und Reflexion der eigenen körperlichen Verfasstheiten und die Wahrnehmung und den Umgang mit den körperlichen Verhaltensweisen, Handlungen und Konstitutionen anderer. In der choreografischen und tänzerischen Arbeit wird die Aufmerksamkeit für alltägliche Raumnutzungen, Körperhaltungen und Handlungsmuster geschult, das eigene Körper- und Bewegungsverhalten reflektiert und differenziert und die Entwicklung des Bewegungsrepertoires unterstützt. Choreografische Arbeitsprozesse fördern die Selbst- und Körperwahrnehmung von SchülerInnen, ihr Sozialverhalten und das kreative Denken. Choreografie vermittelt Kompetenzen, die fächerübergreifend nutzbar sind.
Die Behörde für Schule und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg bewilligte 2011 die Finanzierung von zwei einjährigen Lehrerfortbildungen, die jeweils mit einem Anteil von insgesamt 200 Stunden unter Leitung von Prof. Dr. Gabriele Klein (Universität Hamburg, Fachbereich Bewegungswissenschaft / Performance Studies) umgesetzt wurden. Die erste der beiden einjährigen Fortbildungen startete im Schuljahr 2011/12, die zweite folgte im Schuljahr 2012/13. LehrerInnen aller Schulformen und –stufen waren eingeladen, sich für die Teilnahme an der Fortbildung zu bewerben. Teilnahmevoraussetzungen waren Bewegungs- und Rhythmuserfahrung (z.B. Erfahrung mit Bewegung, Tanz, Musik, Spiel, Sport), Interesse an Tanz und Choreografie und an zeitgenössischen künstlerischen Verfahren und Praxen sowie die Bereitschaft, kreative und experimentelle Arbeitsweisen zu erproben. Für die Umsetzung der eigenständigen künstlerischen Arbeit mit SchülerInnen war die Arbeit mit einer Klasse / AG nötig. 34 LehrerInnen verschiedener Schulstufen und -formen haben die beiden Fortbildungsdurchgänge insgesamt erfolgreich abgeschlossen.
Die Veranstaltungen fanden als zweitägige Kompaktveranstaltungen in den Räumen der Universität Hamburg und der Kooperationspartner Kampnagel und K3- Zentrum für Choreographie / Tanzplan Hamburg statt. Sie wurden von DozentInnen der Universität Hamburg und freischaffenden, professionellen ChoreografInnen, TänzerInnen und DramaturgInnen durchgeführt.
Ziel der Fortbildungen war es, Lehrende an Schulen mit den Arbeitsweisen der zeitgenössischen Choreografie und Tanzkunst vertraut zu machen und in einer engen Verzahnung von Theorie und Praxis, von Wissenschaft, Kunst und Kunstvermittlung zu qualifizieren, gemeinsam mit SchülerInnen choreografische Prozesse durchzuführen und Choreografien zu erarbeiten. Choreografische Arbeit mit SchülerInnen wurde in der Fortbildung als ein kollaborativer künstlerischer Prozess verstanden, in der die Beteiligten im Arbeitsprozess an und mit dem Körper in Bewegung soziale und ästhetische Erfahrungen machen. Dabei ging es nicht um das Erlernen von Tanztechniken, sondern um die Vermittlung grundlegender choreografischer Praktiken, Strategien und Verfahren im Umgang mit Bewegung. Entsprechend wurde die Fortbildung in enger Verzahnung von Theorie und künstlerischer Praxis angelegt. Während der Fortbildungszeit wurden zudem eigene künstlerische Projekte mit SchülerInnen realisiert. Eine Anbindung an die zeitgenössische künstlerische Praxis wurde unter anderem durch die Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen (z.B. Kampnagel, K3 – Zentrum für Choreographie) und durch die Einwerbung von international renommierten TanzkünstlerInnen, ChoreografInnen und TanzdramaturgInnen gewährleistet.
Folgende KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen und Dramaturginnen waren als DozentInnen waren für die Fortbildung tätig: Prof. Dr. Gabriele Klein (Universitätsprofessorin), Antje Pfundtner (Tänzerin und Choreografin), Katharina Oberlik (Performerin und Regisseurin), Jochen Roller (Tänzer, Choreograf, Dramaturg, Performer), Sandra Noeth (Dramaturgin), Dr. Pirkko Husemann (Dramaturgin), Gitta Barthel (Tänzerin), Heike Lüken (Dipl. Kulturwissenschaftlerin)
Die Fortbildung war einjährig auf das jeweilige Schuljahr ausgerichtet. Sie umfasste jeweils insgesamt 200 Zeitstunden, von denen 100 Stunden verpflichtend im theoretisch-praktischen Workshopangebot sowie 20 Stunden im Bereich Reflexion absolviert wurden. Der Erwerb des Zertifikats erforderte die aktive und regelmäßige Teilnahme an den Veranstaltungen sowie die Erarbeitung einer künstlerischen Arbeit mit SchülerInnen.
Die Fortbildung war modular angelegt und umfasste folgende drei Bausteine:
1. Pflicht- und Wahlpflichtangebote (Theorie und Praxis-Veranstaltungen im Umfang von 120 Zeitstunden)
a) Sozial-, politik- und kulturwissenschaftliche Aspekte von Choreografie und Tanz
b) Ästhetik von Tanz und Choreografie
c) Körper- und Bewegungsarbeit
d) Verfahren der Bewegungsgenerierung, -formgebung und -komposition
e) Spielformen und Formen der Zusammenarbeit
f) Dramaturgie, Medien und Szene
g) Spielformen und Formen der Zusammenarbeit
2. Hospitation bei einer künstlerischen Tanzproduktion (Umfang von 20 Zeitstunden und / oder Reflexion ausgewählter Tanz-. Theater-, Performanceproduktionen)
3. Erarbeitung einer eigenständigen künstlerischen Arbeit mit SchülerInnen mit fachlicher Unterstützung / Coaching (Umfang von ca. 60 Zeitstunden, unterstützt durch Betreuung und Beratung der LehrerInnen bei der Erarbeitung einer eigenständigen künstlerischen Arbeit mit SchülerInnen)
Das Konzept der Fortbildung „Choreografieren mit SchülerInnen“ basierte auf dem vom Tanzplan Deutschland/ Kulturstiftung des Bundes geförderten, zweijährigen Forschungsprojekt "Choreografieren mit SchülerInnen. Entwicklung eines curricularen Konzeptes für die universitäre Aus- und Weiterbildung" (Leitung: Prof. Klein). Dieses hatte zum Ziel ein Konzept für eine Lehrerfortbildung zu erarbeiten. Dieses Fortbildungskonzept wiederum war eng verbunden mit einem weiteren Forschungsprojekt, das vom BMBF gefördert worden war: "Der Choreografische Baukasten. Entwicklung und Erprobung eines Vermittlungskonzeptes für Choreografie" (Leitung: Prof. Klein), war ein Projekt, das die Entwicklung einer künstlerisch angelegten „Handwerkskiste“ für choreografisches Arbeiten zum Ziel hatte und in Zusammenarbeit mit 60 Choreografen entstanden war.