Balance und Task-Managing Training zur Verbesserung der Gangfunktionen im Alter und zur Sturzprävention
Seit mehr als 20 Jahren forschen Wissenschaftler aus verschiedensten Disziplinen (u.a. Bewegungswissenschaft mit dem Schwerpunkt der Biomechanik, Medizin und Psychologie) an dem komplexen Phänomen des Stürzens im Alter. Obwohl inzwischen verschiedene interne und externe Sturzursachen klar identifiziert sind und entsprechende Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden, bleibt die Zahl der Stürze pro Jahr in den Altersklassen ab 60 Jahre gleichermaßen.
Es ist bereits bekannt, dass sich Sturzrisikofaktoren beim Gehen mit zunehmendem Alter kumulieren, da verschiedene Einflussfaktoren miteinander interagieren. Hierzu gehören nach neben Alter, Geschlecht (Frauen stürzen zweimal häufiger als Männer) und Komorbiditäten, wie z.B. Osteoporose, eingeschränkte visuelle Kontrolle sowie kognitive Störungen insbesondere der Aufmerksamkeit und der exekutiven Kontrolle.
Motorische Funktionen wie das Gehen erfordern jedoch mit zunehmendem Alter immer mehr kognitive Kontrolle, Aufmerksamkeitsressourcen sowie exekutive Funktionen. Somit ist Gehen im Alter nicht mehr gleichermaßen automatisiert wie im jüngeren und wird zunehmend störanfälliger.
Ein weiterer Ansatz zur Identifikation von Störanfälligkeiten von Gangmustern und daraus resultierenden Stürzen ergab sich aus der Idee, dass die Alltagssituationen in denen Stürze entstehen, häufig die kognitive Verarbeitung verschiedener sensorischer Informationen gleichzeitig erfordern. Hierzu gehört z.B. das Überqueren einer stark befahrenen Straße innerhalb der Grünphase einer Ampel, während der Verkehr und die Fußgänger beobachtet werden und die eigenen Bewegungen und Reaktionszeiten der Situation angemessen organisiert werden müssen. Um diese Mehrfachanforderungen von Motorik und Kognition nachzustellen, wird das sogenannte Doppelaufgabenparadigma (Dual-task paradigm; DT) zunehmend auch in der Sturzpräventionsforschung zur Beschreibung von Störgrößen auf die Gangfunktionen eingesetzt.
Gleichzeitig ist belegt, dass gezieltes Training die motorischen und kognitiven Fähigkeiten verbessert sowie altersbedingte Funktionseinbußen reduziert Zur Verbesserung der motorisch-kognitiven Leistung im Alter wird auch das Doppelaufgabentraining (DT-Training) genutzt. Zentrale Annahme ist, dass DT-Training kognitive Ressourcen freisetzt und somit die Aufgabenausführung in DT-Situationen verbessert.
Langfristig bewegungs- und trainingswissenschaftlich fundierte Interventionen unter Einbezug des Doppelaufgabenparadigmas zur Sturzprävention von Senioren zu gestalten und deren Wirkung zu ermitteln, war daher der Ausgangspunkt für die Forschungsarbeiten zu dieser Thematik.
Derzeit wird die Anwendbarkeit des entwickelten Trainings bei:
- Stürzern vs Nicht-Stürzen
- Hörgeschädigten und
- Parkinsonpatienten
untersucht.
Kooperationspartner hierbei sind die Macquarie University Sydney (Australien; Prof. Dr. Cathrine Dean) sowie das UKE Hamburg (PD Dr. Monika Pötter-Nerger).